Donnerstag, 11. August 2011

Diese Zeit um

den Winter 1966 war natürlich hart für uns alle, da ich meine Eltern fast neu wieder kennen lernen musste. Ich hab sie ja so lange (16 Monate) erst gar nicht und dann nur an den Wochenenden gesehen. Und sie mussten sich an so vieles Neues gewöhnen. An meine neue methinioninarme Diät,die von einer anderen Diät umgeschrieben worden ist musste meine Mama sich einstellen. In dieser Anfangszeit nahm ich dermaßen zu, dass richtig dick wurde. Das war natürlich nicht der Sinn der Sache, aber meine Mama wußte schon mit mir umzugehen *lach* Sie ging einfach nicht weg vom Tisch, ehe mein Teller leer war. Und das dauerte bis zu einer Stunde. Durch die Ruhe, die sie ausstrahlte, fiel die Hektik der Klinikatmosphäre natürlich auch weg. Und siehe da, ich brauchte auf einmal viel weniger Kalorien, als in der Klinik. Dort hatte ich vermutlich viel viel mehr erbrochen.

Samstag, 6. August 2011

Zu Weihnachten 1966

kam ich wieder nach Hause, nachdem ich seit August 1965 in 3 verschiedenen Kliniken war. Zunächst in Hamm, dann in Münster und last but not least in Marburg an der Lahn.

Zum Glück wurden in Marburg die Besuchszeiten schon wesentlich freier gehandhabt als in Hamm, so dass mich meine Eltern dort jedes Wochenende besucht haben.

In Marburg wurde ich versuchsweise auf die Methioninarme Kost eingestellt. Von da an hieß es für mich, kaum noch Eiweiß zu bekommen. Eiweiß ist in Fleisch, Milchprodukten, Wurst, Käse, Quark etc. enthalten. Zudem wurde eiweißarmes Mehl verwandt, um für mich Brot zu backen. Zusätzlich bekam ich Astronauten-/ Trinknahrung mit Orangengeschmack 2 mal am Tag. Am Nachmittag wurde zur Ergänzung eine Tasse Milch und eine Gelatine-Apfelsuppe für mich gekocht. Wenn ich heute noch daran denke schüttelts mich immernoch.

Über meine Stoffwechselkrankheit Cystinose

Sibylle in Marburg an der Lahn mit etwa 1,5 Jahren.
Wie ihr ja wisst, habe ich eine sehr seltene Stoffwechselkrankheit, die Cystinose heißt. Es gibt weltweit in etwa 2000 Menschen, die an dieser Krankheit leiden. Ich werde jetzt häufiger mal darüber etwas schreiben.

Ein neugeborenes Kind, dass an dieser Krankheit erkrankt fällt i.d. Regel auf, wenn die Breifütterung anfängt. Dieses Kind wird sich weigern, Brei anzunehmen. Stattdessen trinkt und trinkt und trinkt es. Wenn es kein "freies" Wasser bekommt, saugt es das Badewasser auf oder saugt auch an feuchten Spüllappen o.ä. Diese Kinder brauchen bis zu 6 Liter Flüssigkeit am Tag. Bei mir selber war es so, dass ich nach einer Impfung auffiel, weil ich eben nicht essen wollte und leichtes Fieber hatte, welches sich als Durstfieber zeigte,

Meine Kinderärztin fiel zum Glück auf, dass ich Eiweiß im Urin hatte und überwies mich direkt in die Hammer Kinderklinik. In dieser Zeit sah ich meine Eltern fast gar nicht. Einmal in der Woche durften sie mich von einem Balkon aus sehen. Das wars. Zudem war in dieser Besuchszeit meistens auch noch ein Gespräch mit dem Arzt vorgesehen. Die Kinder wären "durcheinander" nach den damaligen Einstellungen der Ärzte und Schwestern und jedesmal im Nachhinein krank. Aus diesem Grund sollten die Kinder möglichst wenig bzw. keinen Besuch haben.

Vom Hörensagen alleine weiß ich, dass die Ärzte nicht verstanden, was mit mir los war. Deshalb kam ich in die Kinderklinik in Münster. Dort konnte ich zwar nicht behandelt werden, aber es gab immerhin die Diagnose Cystinose. http://de.wikipedia.org/wiki/Zystinose

Nur leider stellte sich heraus, dass ich nicht in Münster, sondern in Marburg an der Lahn und dann auch noch versuchsweise behandelt werden konnte. Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre ich, jedoch ohne Behandlung nach Hause gekommen. Zu meiner Zeit (1965)wurden aber gerade Kinder mit Cystinose mit einer Methioninarmen Ernährung probeweise behandelt, was sich zu der Zeit als schwache Hoffnung zeigte. Die Kinder wuchsen etwas besser und nahmen trotz der vielen Probleme (Trinken, Essensverweigerung, Erbrechen) sogar zu. Ich selber kam nach fast ein einhalb Jahren, nachdem ich eingestellt war, erst wieder nach Hause. Gott sei Dank war diese Klinik in Sachen Besuch bei den kranken Kindern schon fortschrittlicher und so durften mich meine Eltern an den Wochenenden mich richtig besuchen und auch schon mal in die nähere Umgebung nach draußen mitnehmen.